PIET UND STEFFI IN MAROKKO - MAI 1998
Vorwort
Dieser Reisebericht ist aus einem sehr persönlichen Reisetagebuch entstanden. Daher erhebt er keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit oder Objektivität. Er gibt lediglich unsere Eindrücke während der Reise wieder und soll einfach Menschen, die eine Marokkoreise planen, eine Orientierung und Hilfe sein. Oder er soll einfach Spaß machen...
Zum Verständnis sind folgende Dinge von Bedeutung:
bedeutet "marokkanische Dirham", die wir zu einem Umtauschkurs von etwa 1 DM = 5,34 DH gekauft haben; als bestes Mittel haben sich DM-Travellerschecks bewährt.
Ich habe mich bemüht, bei allen Preisangaben den entsprechenden DM-Wert in Klammern dahinter anzugeben.
Die Routen, die wir gefahren sind sowie eine Menge weiterer nützlicher Informationen, haben wir dem meiner Meinung nach sehr guten Reiseführer "Marokko - vom Rif zum Anti-Atlas" von Erika Därr aus der Reihe "Reise-Know-How" entommen.
Während der Reise hatte ich unterschiedlich viel Zeit und Lust, meine Erfahrungen schriftlich festzuhalten. Daher sind einige Kapitel dieses Berichts etwas ausführlicher als andere; es ist ja auch nicht immer gleich viel Erwähnenswertes passiert.
Eure eigenen Marokko- Erfahrungen oder solche aus anderen Ländern sowie Kritik, Vorschläge oder Verbesserungswünsche sind unter Piet2@hotmail.com immer herzlich willkommen.
Bei unserer Urlaubsplanung Anfang 1998 einigten wir (meine damalige Freundin Stephanie und ich) uns darauf, keine Pauschalreise zu buchen, sondern ein Land auf eigene Faust zu erkunden.
Da ich im Gegensatz zu Steffi ('95 USA und Mexico, '96 und '97 Nepal, '97 Thailand) noch nicht Travelling-erfahren war, fiel unsere Wahl zuerst auf Thailand als einfach und flexibel zu bereisendes Land.
Abgeschreckt durch die hohen Temperaturen dort im Mai und angeregt durch die Erzählungen unserer Freundin Nadia, deren Familie in der Nähe von Agadir wohnt, entschieden wir uns schließlich, für vier Wochen nach Marokko zu reisen.
Aller Anfang ist schwer - und vor allem teuer !
Bei mehreren Bummeln durch die Essener Ausrüstungsläden SINE, Albatros und Chic & Apart wurde ich ruck-zuck fast 2.000,- DM los... Für Rucksack, Schlafsack, Therm-A-Rest, Jacke, Schuhe, Sandalen, Socken, Hose, Hemden, Waschsalon, Kompaß, Flasche, undundund...
Aber egal... schießlich kann ich die Sachen ja auch in weiteren Rucksackurlauben verwenden. Wenn ich denn noch welche machen werde...
Erst beim Packen fiel mir dann auf, wie klein selbst ein 73-Liter-Rucksack sein kann - und dabei mußten wir noch nicht einmal Camping-Ausrüstung mitnehmen... gut, daß ich die 50-L-Version gleich wieder umgetauscht hatte...
Nachdem mein Chef mehr oder weniger erfreut die vier Wochen Urlaub genehmigt hatte, buchten wir den Flug für ca. 700,- DM bei Condor. Da von Düsseldorf aus Agadir nur Dienstags angeflogen wird, mußten wir leider auf "Puffertage" vor oder nach der Reise verzichten.
Die Route
In Marokko haben wir uns für zwei Routen entschieden, die im wesentlichen im Hohen und Mittleren Atlas (grüne Route) sowie an der Atlantikküste (blaue Route) lagen. Insgesamt haben wir etwa 3.000 km zurückgelegt.
Stationen unserer Reise waren u.a.
Aït Melloul - Agadir - Taroudannt - Essaouira - Marrakech - Ouzoud - Beni Mellal - Er Rachidia - Erfoud - Merzouga - der Erg Chebbi - Rissani - die Straße der Kasbahs - die Todrah (Tograh)-Schlucht - die Dades-Schlucht - Ouarzazate - Tafraoute - Tiznit und Sidi Ifni.
Kulturschock I
5. Mai 1998
Düsseldorf - Agadir / Aït Melloul
Nach einem recht ereignislosen Flug landen wir gegen Abend in Agadir.
Bei der Paßkontrolle gibt Steffi statt der vereinbarten Hoteladresse die Adresse von Nadia's Familie an, was für erste Verwirrung sorgt. Nach kurzem Getuschel zwischen den Grenzbeamten klappt die Abfertigung jedoch problemlos - ich bin erstaunt. Was ist mit den ganzen Horrorstories über Probleme von Rucksacktouristen an der Grenze? Scheint wohl nur für Tanger zu gelten; in Agadir jedenfalls gings echt fix...
Draußen erwarten uns Onkel Boushmaa, Aïsha, Zohra und ein Freund der Familie. Zu sechst fahren wir in dessen abgefuckten Renault. Als Sperre für die Heckklappe dient ein Ast... Die Mädels kichern, mein Französisch ist so la-la...
Bei der Familie zu Hause in Aït Melloul sieht es fremd aus. Eine lange Sitzbank, Plastikstühle... Das Wasser tröpfelt nur... Das ganze hat ein wenig den Charme einer deutschen Kellerbar. Wie sagte Nadia: "Meiner Familie geht es gut." ?!?
Wie wohl man sich hier fühlen kann, sollte ich erst später erfahren... Das bezaubernd mütterliche Lächeln von Tante Henya entschädigt aber schonmal für einiges.
Abendessen. Hühnchen (lecker!), Salat, Pommes, Brot... natürlich mit den Fingern. Hinterher wird die Tischdecke mit Schwamm und Kehrblech saubergemacht. Praktisch! Und schön, in einer solchen Gemeinschaft zu essen...
6. Mai 1998
Aït Melloul - Agadir - Aït Melloul
Mit dem Taxi fahren wir nach Agadir. 4 DH (80 Pf), nicht 40, wie Steffi zuerst verstanden hatte. Vier Personen sitzen schon drin... wir zwei quetschen uns auf den Beifahrersitz. Wer hupt, hat Recht, wer bremst, ist feige !
In Agadir begegnen uns vor allem Haschischverkäufer und Bettler. Aber wenige nur.
Strand. Clubs. Verkäufer.
Salim (ein marokkanischer Urlauber ?) spricht Steffi an, zum Glück für sie auf Englisch. Nett. Er gibt uns Tips und plaudert mit uns über Touristen und wie man es nicht machen sollte. War wohl von Gott gesandt... ;-)
Wir machen Pause in der Bar "Tati's", bei übelster deutscher Mucke und Wienerschnitzel konsumierenden Sonnenanbetern. Toilettenschlüssel an der Kasse...
Dann das "Vallee des oiseaux", der Vogelpark. Tschiiiilp !!! 10 DH (2,-) Eintritt für zwei Personen...
Anschließend die Suche nach dem Souk. Ach ja - vorher noch was essen. Die Brochettes nicht ganz durch, aber sauberes Lokal. "Bar Holiday" oder so, in der Av. des F.A.R.
Straßengewirr. Schulkinder lachen über den Rotfuchs an meiner Seite. Eine Kirche (???) , ein Park. Schwarzverhüllte Frauen. Kinder. Schlendern.
Dann: Der Souk !
Kulturschock pur. Gewürze, schreiende Händler. Trommeln. Bettler und Plastiktüten verkaufende Kinder. Verschleierte Frauen diskutieren mit Händlern über Qualität und Preis. Vermute ich jedenfalls...
An jedem Stand werden wir angesprochen.
"Hallo !!! Madame !!! Gucken kost' nix !!!
Einen Rucksack?" -
"Ich hab doch schon einen" - "Der ist aber alt!"...
Wir kaufen Feigen.
"Des figues, s.v.p." - "Half a Kilo?" -
"Non, non !" - Zu spät: "20 DH..."
- Wahrscheinlich der doppelte Preis... Naja, das erste mal halt... Aber alle Leute sind sehr nett. Lachen. Scherze sind international... Das Lächeln des "red fox" an meiner Seite steckt an...
Zwei Äpfel -
"Zahl bloß nicht mehr als 3 oder 4 DH !" -
"6 DH, s.v.p."
*seufz* Abba lecka !
Zurück zum Taxistand.
"Nach Aït Melloul ?" - "10 DH". Pro Person, versteht sich... "Non ! 4 DH !" - "You wait there".
Zwei Taxen sind schon voll, bevor wir's schaffen. Die dritte nimmt uns mit. Wieder eine Höllenfahrt. Für 80 Pfennig. Da kann keine Achter- oder Geisterbahn mithalten...
23 00
Morgen ist ein islamisches Fest. Also wird gebacken auf Teufel-komm-raus. Der Wohnraum wird kurzerhand zur Backstube umfunktioniert. Der kleine Tisch, auf dem die Teigrollen fast zärtlich hergestellt werden, steht alle 10 Minuten woanders, je nachdem, wie's gerade kommt. Tante Henya sitzt auf einem Eimer. Aïsha gibt Steffi den Plastikschemel von 1970 und setzt sich kurzerhand auf das Telefontischchen.
Zum Teigkneten muß jedesmal Aïsha ran. Kraftvoll, zärtlich, fast erotisch bearbeitet sie das Gemisch aus Mehl, Öl, Anis, Gewürzen und Rosenöl. Anschließend sitzen alle Frauen einschließlich Steffi um den Tisch und machen Armbänder aus Teig. Familienleben.
Ich fühle mich geborgen, bin glücklich. Eigentlich will ich gar nicht hier weg ! Aber wenn ich meine Ängste abschütteln kann, entstehen vielleicht solche Kontakte auch mit anderen Menschen...
7. Mai 1998
Aït Melloul - Taroudannt - Aït Melloul
Wir bleiben noch einen Tag länger in Aït Melloul. Wir gehören hier zur Familie. Sagen unsere Gastgeber. Und ich glaube ihnen das auf's Wort ! Auch ich fühle mich so. Cousine Zohra wohnt in Taroudannt - aber da sie mit ihrer Mutter nach Agadir fährt, machen wir uns zu zweit auf den Weg in ihre Heimatstadt...
Tante Henya zeigt uns den Weg zum Taxistand. Das ist nämlich ein anderer als in Richtung Agadir. Seltsam. Sie spricht nur Arabisch, und wir kein Wort. Und trotzdem unterhalten wir uns:
"Wo wollt ihr denn hin?" - "Nach Taroudannt." - "Mit dem Taxi?" - "Ja." -
"Wißt ihr denn, wo die abfahren?" - "Klar." -
"Nee, Nee... Die nach Taroudannt stehen woanders ! Wartet - ich zeig's euch...
Samira - paß mal solange auf die Tajine auf !"
Ja, das funktioniert !
"Wann kommt ihr denn wieder?" - "So gegen 8 00" - "OK"
Der Taxifahrer scheucht den Mann auf dem Vordersitz nach hinten: "Pour Madame !" Steffi sitzt halb auf dem Schalthebel, ich daneben. Hinten vier Afrikaner. Die Gurte werden vermutlich in Tiznit als Kindertragegurt verwendet; jedenfalls fehlt jede Spur von ihnen. In den Lüftungsdüsen kleben Spiegel - macht nix, denn das Fenster auf der Fahrerseite scheint zu fehlen. Oder ist der Arm des Fahrers außen am Blech festgewachsen???
Und wieder die zwei einzigen afrikanischen Verkehrsregeln: Wer hupt, hat recht. Wer bremst ist feige. Ø Sicherheitsabstand: 30 cm. Außer bei LKW. Da 12. Außer kurz vor dem Überholen. Da 6,3. Oder so...
In Taroudannt sind wir scheinbar die Attraktion. Tja... außer uns scheinen sich heute nur noch sieben andere Europäer in diese Stadt verlaufen zu haben.
Erst gegen 15 00 treffen wir auf eine Busladung Neckermänner.
Die Einheimischen sind überaus freundlich, die Verkäufer und Schlepper kaum aufdringlich. Leicht abzuwimmeln. Wir laufen teilweise 15 Minuten, ohne richtig angesprochen zu werden ! Höchstens mal ein "Hallo" oder "Nur gucken !"
Mittagspause am Hauptplatz. Der Mann mit dem grünen "Knorr"-Kittel (!) scheint der Parkwächter zu sein. Er trägt ihn mit Stolz, wir es mit Fassung. Ein Foto haben wir leider verpaßt.
Im Café wird mein "Café maroccaine" zum "Thé à la Menthe", ein Musiker dudelt geduldig, bis ich ihm 10 DH (2,-) gebe. Dafür hätte er mindestens eine Stunde spielen müssen...
Bahny Lahoucine spicht uns an. Wir sitzen vor dem Hotel Roudani. Eine Führung kann er uns nicht andrehen, wir behaupten, schon alles gesehen zu haben. Netter Typ. Eine halbe Stunde später fällt ihm ein, daß er auch Trekkingtouren organisiert. Wir verabreden, falls wir noch Zeit haben, am Ende unserer Reise mit ihm Kontakt aufzunehmen. Unterkunft, Verpflegung und Führung sollen 200 DH (40,-) / Tag kosten. Naja...
Anschließend auf dem Souk noch ein paar Früchte kaufen. Meine rudimentären Französischkenntnisse erweisen sich als sehr vorteilhaft. Wieder sehr nette Verkäufer, mit denen man sogar in schlechtem Französisch ein Späßchen machen kann.
Mit der Kutsche (7 DH / 2 Pers. = 1,40 DM) zum Taxistand, dann "seule" mit dem Taxi nach Aït Melloul. 100 DH (20,-) für beide zusammen. Weniger ließ der bayrisch sprechende Freund des Fahrers nicht zu...
Tante Henya sitzt im Flur auf ihrem Plastikeimer und kocht Tajine.
Um 22 00 wird endlich gegessen. Tajine, Pommes und Sardinen, mit Soße (?) gefüllt und fritiert. Köstlich !!!
Hinterher fallen wir todmüde ins Bett.
Zorah lädt uns ein, drei Tage vor unserer Abreise in Taroudannt vorbeizukommen. Dann wollen die Mädels mit Steffi in den Hammam und sie danach mit Henna bemalen...
Von Piraten und Muezzins
8. Mai 1998
Aït Melloul - Essaouira
Früh aufstehen war angesagt. Hat nicht so ganz geklappt. Wir wollen mit Bus oder Taxi nach Tafraoute und weiter. Der Bus fährt aber leider nur um 23 00, und zwar fünf Stunden... Ein Sammeltaxi kostet fast 100,- DM. Mist !
Wir entschließen uns daher, einen Wagen zu mieten. Zorah und Tante Henya handeln für uns am Telefon. Statt 300 DH nur 280 DH (56,-) am Tag. Immerhin... Zorah und Aïsha begleiten uns. Der Wagen scheint OK zu sein. Wir bezahlen mit Kreditkarte (macht 6% Aufschlag) 4400 DH (880,-) oder so für 15 Tage. Die Mädels machen große Augen. Wir laden sie zum Saft und 'nem Eis am Strand von Agadir ein; reden über die marokkanische Gesellschaft und deutsche Touristen. Zorah ist schon 27. Hätt' ich nicht gedacht.
Auf der Rückfahrt nach Aït Melloul hält mich die Polizei an. Denn selbst, wenn in Marokko 60 km/h ausgeschildert ist, gilt das natürlich nicht, wenn ein Polizist in Sichtweite ist. Dann muß man 20 fahren. Ob ich denn nicht das Schild "ralentir la police" gesehen hätte und ich wär ja wohl ein bißchen "trop vite" gewesen... macht 400 DH (80,-) !!! Zohra macht schöne Augen und sagt was von Familie und Freunden. Der Polizist winkt uns weiter. DANKE !
Nach großer Verabschiedung (Zorah und ihre Mutter fahren auch zurück nach Taroudannt; wir sollen sie in zwei Wochen besuchen) starten wir, allerdings in Richtung Essaouira, um die große Tour mit dem Auto zu machen. Der Wagen (Peugeot 205) ist ganz flott, macht manchmal seltsame Geräusche; beim Anfahren in Kurven schlägt die Lenkung. Aber er wird zwei Wochen gute Dienste tun !
Die Landschaft ist toll, immer an der Küste lang...
Ziegenhirten, Ölverkäufer...
Gegen 19 00 kommen wir in Essaouira an. Die Hotelsuche muß auf den Sonnenuntergang warten. Mein Erster mit Steffi. Knips, knips...
Im Dunkeln in die Medina, der Hauptstraße nach. Plötzlich, ohne Vorwarnung, Menschenmassen wie auf der Kirmes. Schrittempo; Fahradfahrer halten sich am Dach fest, vermummte Frauen schauen erstaunt... Au weia! Lieber umdrehen! Das Ganze also nochmal von vorn. Oh... alle Autos stehen in die andere Richtung. Ist das hier 'ne Einbahnstraße??? Oje.. ein Polizist. Ich sehe mich schon an der Stadtmauer baumeln... aber er trillert fröhlich und winkt uns durch das Stadttor...
Also außen 'rum. Ghettomäßige Neustadt, 1000 Leute auf den Beinen. Hier sieht's nicht nach Hotel aus... Wir fragen einen Taxifahrer. Sieht nicht vertrauenerweckend aus. Ruck-zuck stehen 10 Leute um uns rum, reden durcheinander. Wir sollen doch mit dem Taxi fahren. Nein, nein, wir sind mit dem Auto hier... Abfahrt, drehen und nochmal am Taxistand vorbei. Ein Fahrer winkt, wir halten an, und er erklärt uns nochmal detailliert, wo das Hotel ist. Nett ! Wie überhaupt 98% der Leute, die wir getroffen haben.
Ich hab leider nur "Medina" verstanden, aber das reicht. Ab zur Altstadt. Bewachter Parkplatz. Zwei Wächter winken uns fleißig auf den Platz direkt neben ihrem Häuschen. Wir wollen nur nach dem Weg fragen, aber das Hotel ist gleich um die Ecke, also parken wir. 24 Stunden für 10 DH (2,-)...
Ein Typ will uns sein Appartment andrehen, bietet sich an, uns erst das Hotel "Civilisation des Remparts" zu zeigen, und vielleicht hinterher seine Bude. Dunkle Gassen, mir wird mulmig... dann: das falsche Hotel.
Weia!
Ach!... Er klopft sich auf die Stirn: auf der anderen Seite des Blocks... voilà!
Das Hotel sieht toll aus! Ein wunderschöner alter Bau mit Innenhof. Abgefuckt, aber sauber. Sehr netter Typ an der Rezeption. Wir bleiben für 100 DH (20,-) / Doppelzimmer. Mit warmer Dusche. Zimmer 219, Bettwäsche vom Vorbewohner.... egal, ich wollte eh' im Sack schlafen.
Unten auf der Straße ("Gasse" triffts eher) geht's laut zu. Handwerker, Fußballer und Mopedreparateure steuern der marokkanischen Musik und dem Muezzin noch so einiges bei. Das nächste Mal ein Zimmer in der 3. Etage mit Atlantikblick...
9. Mai 1998
Essaouira
Um 5 00 weckt uns der freundliche Muezzin per Lautsprecher. Danke! Oropax rein und weiterpennen. Gegen 9 30 will Steffi raus. Sie holt Omelett, Milch, Brot, Butter & Gebäck, zusammen für 20 DH (4,-). Wucher !!! ;-) Ein komplettes Frühstück für zwei...
Wir frühstücken allein auf der Dachterrasse mit Blick auf den Atlantik und die Bastion mit ihren Bronzekanonen aus dem 18. Jhdt. Schöner geht's wohl kaum. Aber ich finde, das kann man auch erwarten, für fast 10 Mark pro Person... ;-)
Wir besichtigen die Bastion. Wie im Piratenfilm. Weiter in die Altstadt. Tolle Handwerksarbeiten! Vielleicht kaufen wir was, jetzt, wo wir ein Transportmittel haben. Die wenigen Händler, die uns ansprechen, bleiben alle freundlich und unaufdringlich. Bis auf einen, der sich nicht ignorieren läßt und prompt fragt: "You don't talk with Marrocain people?" *seufz*
Wir vertrödeln den Nachmittag in einem Café. Zwei frische Säfte und eine Kanne "Thé à la Menthe" für 17 DH. Das sind 3 Mark! Naja... ist ja auch ein Badeort hier... ;-)
Später wird Steffi blaß um die Nase und geht zum Hotel vor. Ein paar Minuten später folge ich ihr. 95% Einheimische hier...
Abends geht's mir auch schlecht. Ich bekomme eine Erkältung mit Hals- und Kopfschmerzen. Steffi's Fußmassage wirkt gegen die Kopfschmerzen, die Halsschmerzen bleiben. Irgendwann raffen wir uns auf und gehen gegen 20 00 Essen, ins "El Khaima". Total leer, aber gediegen eingerichtet. Nur die Deko riecht etwas müffelig. Die Fischtajine und Steffi's Fisch sind aber gut. 2 Essen, 1 L Wasser und 3 Orangen, macht zusammen 150 DH (30,-). Für Einheimische kaum zu finanzieren; für uns spottbillig.
10. Mai 1998
Essaouira
Heute weckt uns der elektronische Muezzin schon um 4 00. Danke! Ich hab meine Ohrstöpsel im Schlafsack verloren. Neue rein und weiterschlafen; mittlerweile kennt man das...
Um 9 30 besorgt Steffi wieder Frühstück. Klasse. Hinterher geht sie zum Strand und ich bleib im Bett.
"Essaouira, am 10. Mai anno 1998
Ein schweres Fieber schüttelt mich.
Meine Eingeweide scheinen sich gegen
die fremde Umgebung aufzubäumen.
Meine rothaarige Gefährtin hat ein Loch
in das meterdicke Eis geschlagen und uns
ein frisches Tomatenomelett gefangen.
Danke!
Mich plagen Scheinbilder.
Werden wir jemals den Südpol erreichen ?"
Nach der Dusche geht's mir besser. Unten in der Gasse laufen Jungs mit Trommeln rum. Klingt wie bei Djamel. Oder sogar besser? Und alles aus Spaß und kostenlos...
Steffi ist wieder da. Wir schlendern zum Hafen. Postkartenromantik und Fischgestank. Fischer reparieren ihre Boote, ein paar Nachzügler verscherbeln ihren Fang. Fischrestaurants und Garküchen bieten ihre Köstlichkeiten feil.
Anschließend gehen wir wieder in die Altstadt, zu den Holzwerkstätten. Hier scheinen Preisabsprachen zu existieren. Handeln ist kaum drin; von 150 DH (30,-) auf 130 DH (26,-) für ein Schachspiel ist die größte Spanne. Allerdings sah ich das gleiche Spiel später in Marrakech und Agadir für 450 DH (90,-)!
Ich kaufe eins, das von Anfang an 130 DH kostet, aber schönere Figuren hat. Nur die Backgammon-Figuren fehlen. Der Typ nebenan will 20 DH (4.-) dafür. Guter Witz ! Das große, wunderschöne Tisch-Schachspiel, das ich aber auch garnicht gebrauchen konnte, kostete 500 DH (100,-).
Wir bringen unsere Errungenschaften ins Hotel. Um 19 00 gehen wir telefonieren. Meine Schwester ist ganz begeistert bei dem Gedanken, daß ich hier zwischen Mullahs und Berbern stehe und mit ihr auf der Couch telefoniere...
Postkarten kaufen. Anschließend Restaurant suchen. Das erste ist leider voll. Ein ziemlich abgerissener Rolli-Fahrer will uns das nächste zeigen. Na gut. "Petit Perle".
Hier soll's Live-Musik geben. Sieht gut aus. Der Guide ist etwas beschämt, als wir ihm 5 DH (1,-) geben. Deshalb drücken wir ihm noch herzlich die Hände. Schönes Gefühl, mal nicht nur mit Geld zu danken. Einmal mehr ein sehr freundlicher Marokkaner.
Das Restaurant ist gut, die Bedienung sehr freundlich. Dann tauchen tatsächlich 2+1 Musiker auf. Der Einzelne spielt plötzlich auf der Goumbri einen Titel, den ich von meiner Arbeit mit Djamel her kenne. Heimatliche Gefühle. Ausgerechnet bei Gnaoua-Musik...;-)
Trotzdem hab ich mit den Rhythmen so meine Probs... wo war nochmal die "1"? Richtig! Da, wo man sie am wenigsten vermutet...
"Die Stadt"
11. Mai 1998
Essaouira - Marrakech
Heute hat der Muezzin uns extra lange verwöhnt. So von 4 15 bis 4 45 etwa. Tolle Sache, so ein Stadtwecker... wenn man Frühschicht hat!
Steffi ist wieder einkaufen; vielleicht bringt Sie mir Halsschmerztabletten mit.
Frühstück auf der Terrasse, ohne Halstabletten, aber mit Brot, Marmelade, Butter, Milch, Omelette, Törtchen, Obst...
Gegen 12 00 fahren wir los Richtung Marrakech. Um 5 vor 12 haben marokkanische Bänker keinen Bock mehr zu arbeiten, deshalb müssen wir mit dem Geldtauschen warten.
Nach einer eher langweiligen Fahrt mit einer Polizeikontrolle kommen wir in Marrakech an. Kaum drin, erwischt uns ein Mopedguide älterer Bauart. Das erste Hotel, das er uns zeigt (das El Harti), kostet 302 DH (60,-) / Doppelzimmer. Zu teuer. Eine Straße weiter das Farouk. 120 DH (24,-) incl. Frühstück für ein recht einfaches Zimmer. Dachgeschoß. Nehmen wir. Mit dem Guide verabreden wir uns für 17 00. Für den Abend und den nächsten Vormittag will er zusammen nur 50 DH (10,-), denn er ist ja ein "offizieller" Führer. Der vergilbte Ausweis auf Arabisch, den er uns zeigt, ist wahrscheinlich seine Bus-Monatskarte...
Nichtsdestotrotz ist die Führung recht interessant. Hinterhofwerkstätten, kleine Gassen, massenhaft Waren aller Art. Dann der obligatorische Teppichladen, "wo die Frau machen Teppiche, und die Männer machen die Dicken" (Decken).
Ach ja, ich vergaß.. der ganze Markt ist ein Berbermarkt, der nur einmal im Monat stattfindet! Ausgerechnet heute!!! Mann, haben wir ein Glück!
Wir reden uns raus mit Müdigkeit, und überhaupt, wir könnten ja wiederkommen...
Die restliche Führung geht dann etwas schneller vonstatten... Am Ende will der Guide schon mal 30 DH. Er hat ja einen kleinen Sohn und blablabla... Ob wir den nochmal wiedersehen?
Auf dem Rückweg verfahren wir uns total. Verkehrschaos ohne Ende. Eselskarren, Mopeds, Fahrräder, Taxis, Busse, Fußgänger, dreispuriges Linksabbiegen um leere Ölfässer (marokkanischer Kreisverkehr) herum... Ein Reisebus wendet mitten auf der Straße. 1.000.000 Hupen tröten. Wer sich je in Marrakech verfahren hat, für den ist der Verkehr in München ein Osterspaziergang.
Wir heuern einen Mopedfahrer an, der uns zum Hotel führt. Anschließend will er 20 DH (4,-)! Lächerlich! Dann 15, schließlich 10 DH und 2 Bussis von Steffi... von mir aus... ;-)
Um 21 00 fallen wir ohne Abendessen hundemüde ins Bett. Unser erster Tag in Mraksch, "der Stadt"...
12. Mai 1998
Marrakech
Das Frühstück ist ganz OK. Der Saft zwar aus der Tüte, aber der Rest ist lecker. Die zwei schnellsten Omeletts der Welt (4 Sekunden). Gesehen in Marrakech.
Wie erwartet taucht unser Führer nicht wieder auf. Naja. Wir ziehen alleine los. Einen Parkplatz haben wir schnell gefunden. Dann in die Medina, nochmal kurz die Souks gestreift. Zum Djamaa el Fna. Auf eine Dachterrasse mit schönem Blick über den Platz. Wenig los, ein Glas Tee und 1 L Wasser 24 DH (5,-)! Die nehmen's von den Lebendigen...
Wir gehen zum Palais Badi. Der Führer kommt mir dumm, also gehen wir alleine. Die Außmaße des Baus lassen mich den damaligen Prunk erahnen; dieses Bauwerk scheint sogar gepflegt zu werden.
Anschließend brauchen wir ziemlich lange zu den Saardier-Gräbern, obwohl sie nur ein paar Meter Luftlinie entfernt liegen. Auch eine echte Sehenswürdigkeit in Marrakech. Hier wird man von den Führern in Ruhe gelassen und kann sich die in einem Garten gelegenen, wunderschön verzierten Grabstätten ausgiebig ansehen und etwas verschnaufen.
Wir gehen zurück zum Hauptplatz Djamaa el Fna, ins Café Argana. Ein Königreich für ein Teleobjektiv!!! Hier muß Natascha mit einem 500er Tele hin!
Nach zwei Stunden Spektakel suchen wir schließlich ein Restaurant. Nach langer, vergeblicher Suche auf der "Rue Bani Marine" (im Reiseführer empfohlen) und nach dem "Taizra" (geschlossen) schleppt uns ein junger Typ in ein teures (400 DH = 80,- p.P) und anschließend in ein lausiges ("Grand Hotel Tazi") Restaurant. Nachdem wir das Essen haben zurückgehen lassen (bärch!) und lange über den Preis diskutiert haben (100 DH = 20,- für alles!) suchen wir noch 20 Minuten das Auto und fahren zurück. Im Hotel Farouk schließlich bekommen wir noch gutes Essen (Tajine aux Poulet et Legumes, Couscous aux Legumes, Brot und Wasser) für zusammen 58 DH (12,-) !!!
GUTE NACHT !
13. Mai 1998
Marrakech
Auf, auf, nach Mraksch!
Der Parkplatz nördlich der Kasbah-Moschee ist noch für uns reserviert. Zuerst gehen wir zum Palais de Bahia. 1.000.000 Neckermänner hatten leider die gleiche Idee. Wir werden zu drei dösigen Wienerinnen gesteckt und bekommen eine deutschsprachige Führung. Interessant. Besonders der Teil mit den Haremsdamen...
Gleich weiter zum kleinen Museum von Bert Flint. Schöne Stücke, keine Bewacher oder Führer. Toll!
Weiter zum Dar-Sidi-Sahid-Museum. Das macht um 12 00 zu, aber wir haben noch genügend Zeit, um alles zu sehen.
Jetzt aber erstmal zum Djamaa el Fna, einen Thé à la Menthe geschnappt. Wir treffen wieder die gleichen Leute wie einen Tag zuvor am selben Ort und im Palais. Zufall? Und der Gebrauchtgebißverkäufer? Ein Scheinbild?
Jetzt noch die Moschee. Im Därr nicht näher bezeichnet. Aber das ist natürlich kein Problem, denn sobald wir uns auf 300 m dem Mellah (jüd. Viertel) genähert haben, dient sich uns sogleich ein Führer an, der zufällig in der Moschee arbeitet. Ohne ihn hätten wir diese allerdings auch nie gefunden. Hinter einer Haustür versteckt, im Innenhof. Der Rabbi segnet uns im Ruck-Zuck-Verfahren. Der anschließende Obulus für die Armenkasse ist auf 100 DH (20,-) pro Person festgelegt. Steffi bietet 100 DH für beide zusammen. Der Führer will 150 DH und legt "selber 50 DH drauf"... sicher... ;-)
Danach zeigt er uns noch irgendwelche Häuser, und dann landen wir wieder in einem Laden. Ich behaupte, die Carcabous mit den Verzierungen schon für 200 DH (40,-) gesehen zu haben (statt der verlangten 600 DH = 120,-), und wir dürfen gehen.
Jetzt suchen wir erst einmal Entspannung im "Jardin Majorelle". Eine wunderschöne, vom gleichnamigen Maler angelegte Gartenanlage; jetzt angeblich im Privatbesitz von Yves-Saint-Laurent.
Schließlich will Steffi nochmal einkaufen. Wir verpassen irgendwie die Souks und ein Dummsack führt uns mitten in die Altstadt. Oder so. Slums vom feinsten. Wir kehren um und wollen schon aufgeben, da führt uns meine Intuition und mein vielbelächelter Kompaß doch noch mitten in die Souks!
Steffi ersteht zwei Holzkästchen, nachdem der Händler ihr 200 m hinterherrennt und dann doch ihren Preis akzeptiert. Sie handelt einen Lederrucksack mit Stickereien von 600 DH (120,-) auf 170 DH (34,-) runter, und der Typ mit der Kamellederlampe bietet nach 20 Minuten und 1 km Fußmarsch hinter uns her 100 DH (20,-) statt 450 DH (90,-)!!!
WOMAN BERBÈRE...
Schließlich essen wir im Hotel Foucauld ganz gut und fahren zurück ins Hotel.
Wasser und Wüstenschiffe
14. Mai 1998
Marrakech - Aït Attab - Cascades d'Ouzoud - Azilal - Beni Mellal
Auf zu den Kaskaden!
Über Aït Attab, die Straße ist mittlerweile komplett geteert, aber holprig.
In Ouzoud parken wir und ignorieren die Führer, da der Weg ganz einfach zu finden ist. Dann die Wasserfälle, die durch die Bäume schimmern. Phantastisch! Foto über Foto. Wir setzen mit Platikflößen für 2,50 DH (0,50) über und wandern zwei Stunden die Fälle entlang. Das Rauschen und Tosen des Wassers mischt sich mit der absoluten Stille des umgebenden Waldes. Ein wundervoller Platz auf dieser Erde, nur getrübt durch die wilden Campingplätze; aber auch die haben ihren eigenen Charme.
Die versprochenen Grotten finden wir nicht (dazu braucht man entweder Glück oder doch einen Führer), aber eine überaus freundliche Frau, die leider nur Arabisch spricht. Was hieß nochmal "Grotte" auf Arabisch? Na, egal...
Nach unserer Rückkehr steigen wir nochmal zu dem Plateau hoch, von dem die Wasserfälle sich ergießen. Ebenfalls ein Genuß; haufenweise Frösche und Kröten inclusive.
Allerdings hat auch hier schon die Zivilisation ihre Spuren hinterlassen...
Am Nachmittag fahren wir doch weiter, obwohl eine Nacht bei den Wasserfällen sehr verlockend erschien. Wir verfahren uns erst, sind dann aber auf dem richtigen Weg nach Azilal (Asi lall?).
Und dann:
Der Stausee! WOW! Überwältigend...
Das hellblaue Wasser des Sees verbindet sich inmitten rotbraun schimmernder Berge mit dem Himmel zu einer einmaligen Farbkombination. Großartig.
Weiter nach Beni Mellal, Aussichten wie vom Flieger. Ich vergesse ständig, daß wir uns auf über 1.000 m befinden, so weit sind die Talkessel, die wir durchfahren.
In Beni Mellal nehmen wir das Hotel Aïn Asserdoune, mit angeblich tollem Frühstück.
15. Mai 1998
Beni Mellal - Er Rachidia
Nach einem tatsächlich hervorragenden Frühstück fahren wir in Richtung Midelt und Er Rachidia. Wir erleben Straßen wie in den USA, Berge wie sonst nirgendwo auf der Welt. Die wundervolle Weite des Tals läßt uns vergessen, daß wir mittlerweile im Hohen Atlas und auf über 2.000 m Höhe sind. Die wohl gigantischste Strecke bisher. Der "Tunnel der Legionäre" ist allerdings eher ein Tunnelchen von 200 m Länge.
In Er Rachidia spricht uns Larbi an. Nach langem Hin und Her buchen wir seine Tour zum Erg Chebbi für zusammen 300 DH (60,-) plus ggf. Zufriedenheitsaufschlag, obwohl er unerträglich nach Qualm stinkt und sein Trainingsanzug vermutlich demnächst aboperiert werden muß.
Wir wohnen im Hotel Meski, das Restaurant hat allerdings geschlossen, weshalb wir im Imilchil (gut) essen. Dort wird für Steffi extra eine Toilette aufgeschlossen. Die Damentoilette? Weil hier nur Männer sind? Weit gefehlt. Als ich mich auf die Suche mache, rennt ein Kellner gleich mit dem Schlüssel hinter mir her. Für die Touristentoilette. Weil hier nur Einheimische sind...
16. Mai 1998
Er Rachidia - Erfoud - Sahara
Gegen 9 00 fahren wir nochmal ins Imilchil, frühstücken. Leider ohne Omelettes. Dann telefonieren. Mutti ist 'begeistert'. "Sahara? - Mein Gott...!?!"
Dann geht's los. Etwas abseits der Hauptstrecke, am Oued Ziz entlang. Kleine Dörfer, spielende (das heißt: während wir vorbeifahren, hören sie natürlich auf zu spielen und glotzen mit offenen Mündern) Kinder. Ein Abstecher zu einer Salzwasserfontäne. Die anwesenden Steinverkäufer kennen Larbi und halten sich zurück. Gut...
Schließlich Erfoud.
Hier wird gerade der Film "Cleopatra" gedreht. Muß ich mir dann wohl mal ansehen. Stop im ***Hotel "Tafilalet". Sieht toll aus. 400 - 500 DH (100,-) die Nacht, sagt Larbi. Für verwöhnte eine wirklich gute Adresse. Sauberer Pool usw...
Dann die Piste. Oh Gott.. Mit meinem Auto nie! Ich hoffe, der Mietwagen hält das durch. Bei den ersten Sandstellen fährt Larbi den Wagen, denn wir haben alle keine Lust, zu schieben. Angeblich fährt er auf sein Risiko. Wovon auch immer er den Wagen bezahlen will... Aber er macht das nicht zum ersten Mal. Nur materialschonend fährt er nicht gerade.
Bei einem Abstecher zum 350 Millionen Jahre alten Korallenriff (!) erstehe ich eine versteinerte Muschel für 25 DH (5,-). Viel zuviel, klar, aber selber suchen dauert zu lange...
Nach einer Rundfahrt durch ein paar Oasen kommen wir im "Café Yasmine" an. Sieht hier ganz nett aus, sogar warme Duschen gibt's. Und 100.000 Fliegen. Pro Kopf, versteht sich. Nur keinen Strom, aber das macht nichts. Nach der zweiten Kanne Tee werden die Trommeln ausgepackt, und Steffi tanzt, zum Vergnügen der Berber, zu unseren Rhythmen.
Später bietet man uns eine Nacht in der Sahara für 600 DH (120,-) an. Wohlwissend, daß das total überteuert ist, zahlen wir trotzdem 500 DH (100,-). Die Sahara, die Dünen des Erg Chebbi und der Sonnenuntergang sind uns 100 Mark wert...
Nach einem zweistündigen Kamelritt zusammen mit einem Japaner, der mit dem Fahrrad (!) durch Marrokko fährt (und ich dachte, wir wären bekloppt...), drei Amis und drei Neuseeländern kommen wir an dem von unseren Führern mitten in der Sahara aufgebauten Berberzelt an. Nach kurzer Verschnaufpause klettert einer der Amis die direkt neben uns aus dem Boden wachsende 120-Meter-Düne hoch. Und das bei 40° im Schatten. Nur, daß hier kein Schatten ist! Der muß bekloppt sein...
Endlich oben angekommen, sind wir fertig wie nach einem 10.000-Meter-Lauf. Steffi ist natürlich die Schnellste und außerdem die einzige Frau hier oben. Typisch. Alles, was irgendwie nach Anstrengung und Abenteuer aussieht, muß von ihr bewältigt werden. Ob Himalaya, Grand Canyon oder Erg Chebbi...
Beim Dünenklettern muß man locker die dreifache Wegstrecke zurücklegen, denn bei jedem Schritt von 1 m rutscht man 70 cm zurück. Das war mit Sicherheit das letzte Mal in meinem Leben, daß ich solch eine Düne erklimme... Aber der Sonnenuntergang, die einsame Stille hier oben, der Blick auf unser Lager und schließlich das Dünen-Hopping auf dem Weg nach unten (120 m Düne aufwärts: 45 Minuten. 120 m Düne abwärts: 45 Sekunden) entschädigen dafür voll und ganz!
Nach einem rustikalen Essen im Kreis auf Kameldecken und dem Konsum von einigem, hier in der Sahara fast legalem Blätterwerk (z.B. Thé à la Menthe!) übernachten wir unter freiem Himmel mit 5 Millionen Sternen. GIGANTISCH !!!
Das könnte ich eine Woche lang machen...
17. Mai 1998
Sahara - Todrah-Schlucht
Am nächsten Morgen weckt uns der beginnende Tag um 4 30. Ich bin noch nicht ganz wach, da rast Steffi schon wieder als Erste die Düne 'rauf, um den Sonnenaufgang zu fotografieren. Leider hat sie vergessen, daß nur noch 1 Dia im Apparat ist...
Auf dem Dünenkamm hole ich sie endlich mit dem Ersatzfilm ein. Jetzt bin ich doch nochmal hier raufgeklettert... *seufz* Gott sei Dank (Danke!), denn das Farbenspiel bei Sonnenaufgang ist überwältigend.
Nachdem wir wieder runtergeklettert sind, brechen wir unser Lager in der Wüste ab und reiten zurück zum Hotel. Dort genehmigen wir uns noch eine (warme!) Dusche und ziehen weiter. Mit dem Peugeot Deux-Cent-Cinque über die holprige Piste. Unterwegs streifen wir mit Larbi ein paar Fata Morganas. In Rissani dann: wieder der obligatorische Teppichladen, "Premièr Qualité" für nur 3.000,- ... DM, versteht sich! Dankeschön.
Danach hat auch Larbi keine Lust mehr. Er verabschiedet sich und will 500 DH (100,-). Wir geben ihm 400 DH (80,-) und nicht Steffi's Kappe dazu. Nach der Pistenfahrt gehen die Rücklichter des Peugeots nicht mehr: total versandet. Wir fahren weiter über die "Straße der Kasbahs" bis in die "Gorges du Todrah", ins Hotel Yasmina. Der linke Vorderreifen ist platt und der Parkwächter hat zufällig einen Teppichladen.
Afrika.
Im Schlund der Schluchten
18. Mai 1998
Todrah-Schlucht
Drei Vögel prügeln sich im Flug, eine Kröte krötet mit Echo.
Wir sind eine Stunde in die Schlucht hineingewandert und rasten im Schatten am Berg. Die Wände der Schlucht ragen senkrecht in den strahlend blauen Himmel hinein, ich fühle mich wie im Grand Canyon. Der Bach plätschert, und es scheint außer uns keine Menschenseele hier zu sein. War ich gestern noch in der Sahara???
Gestern abend haben wir im Hotel noch gut gegessen, heute morgen (13 00...) den Markt verpaßt. Dafür war der Reifen doch nicht platt. Gott sei Dank (schon wieder) !
Steffi ist etwas genervt. Sie braucht Entspannung. Und ich auch. Die nächsten zwei Tage sollten wir ruhiger angehen lassen.
19. Mai 1998
Todrah-Schlucht - Daades-Schlucht
Nach dem Frühstück - diesmal wieder mit Omelette - Zahlen wir das Zimmer (160 DH = 32,- p.Person incl. Halbpension) und fahren zu unserer Teppichhändlerverabredung in die Stadt. Die Djellaba's, die er uns zeigt, gefallen uns nicht, und so ersteht Steffi nur ein Kopftuch für 60 DH (12,-) statt der geforderten 150 DH (30,-) und wir düsen ab.
Nach kurzer Fahrt ereichen wir die Daades-Schlucht. Die sieht erst nicht so spannend aus, aber als wir die Piste weiterfahren, entdecken wir nach der engsten Stelle der Schlucht (ca. 6 m breit, aber 200 m hoch!) ein süßes Hotel (H. Berbère de la Montagne), das nicht im Reiseführer steht. Wir beziehen das einzige (!) Zimmer für 80 DH (16,-) pro Nacht. Für zwei Personen, natürlich...
Der Besitzer ist äußerst nett und zeigt uns einen Wanderweg zu den Berbern, die in den Bergen wohnen. Ziemlich steil, ziemlich heiß. *ächz*
Nach einer Stunde werden wir auch prompt von einem Berberjungen zum Tee eingeladen. Er führt uns zu sich nach Hause: drei in einen Hang hineingehauene Höhlen!!! Aber nichtsdestotrotz zaubert er ein traditionelles Silbertablett mit dem süßen Gesöff hervor und gießt uns ein. Wir teilen unseren mitgebrachten Proviant mit ihm, er spricht kein Wort Französisch. "Schukran" (Danke) kann ich aber gerade noch verstehen, und außerdem gibt es ja die Zeichensprache. Und "Ihh Ahh" ("Habt ihr auch einen Esel?") ist ja auch international... Am Ende will er für ein Foto aber auch wieder nur Geld. Schade... Naja, wir sind halt doch nicht die allerersten Touristen hier.
20. Mai 1998
Daades-Schlucht
Das Frühstück im Hotel ist so la-la. Aber die Leute sehr freundlich. Heute machen wir eine Tour auf der anderen Seite der Schlucht. Auf einem Hochplateau 300 m über dem Hotel (also auf ca. 2.100 m) machen wir rast. Orangen essen an senkrecht abfallenden Steilwänden. Wow.
Leider finden wir den Abstieg nicht, der zum Dorf führen soll. Nach zwei vergeblichen Versuchen, die jeweils abrupt an einem trockenen, 100 Meter tiefen Wasserfall münden *schluck* gehen wir lieber den Weg zurück, den wir gekommen sind. Unterwegs werden wir von zwei einsamen kleinen Ziegenhirten nach Bonbons angeschnorrt.
Als wir zurückkommen, werden wir freundlich empfangen. Nicht zuletzt, weil der Typ aus dem ans Hotel angeschlossenen Souvenirladen uns heute was verkaufen will. Ich erstehe einen Dolch und eine Ramadan-Trompete (was auch immer das bedeuten mag) für zusammen 200 DH (40,-) statt 520 DH (100,-). Immerhin. Das "Amber"-Töpfchen und die Kanne ersteht Steffi für 150 DH (30,-) statt 570 DH (110,-). Leider brennt das Töpfchen, weil es nämlich doch aus Plastik ist. Also Geld zurück! Egal... ich bin zufrieden (oder...?).
21. Mai 1998
Daades-Schlucht - Ouazazate - Tailouine
Wir starten durch Richtung Ouazazate. Dort verlängern wir den Mietwagen telefonisch um fünf Tage. Die Kasbah ist ein wenig langweilig. Touristenort incl. Club Méd. Wir essen gut im Restaurant Salam, dann weiter nach Tailouine. Wir kommen erst im Dunkeln an und müssen das Hotel (Auberge Soukthana) erst suchen. Nettes Haus mit tollem Innenhof. Die Leute sind aber nicht sehr freundlich. In der kombinierten Klo-Dusche (frz. Klo mit Lattenrost darüber: praktisch!) legt sich Steffi erst mal lang, weil die Konstruktion des Lattenrostes voll dem marokkanischen Qualitätsstandard entspricht...
22. Mai 1998
Tailouine - Aït Melloul
Wir heizen durch bis Agadir / Aït Melloul. Unsere Familie bereitet uns einen herzlichen Empfang. Aïsha hat für uns Namenstäfelchen gestickt! ;-) Tolle Geste!
Leider hat sie das "a" in "Stephanie" weggelassen. Also von vorne...
Wir fahren nochmal zum Strand von Agadir. Steffi stürzt sich in den Atlantik, der Deckenverkäufer will 150 DH (30,-), zuletzt 50 DH (10,-). Auf mein Angebot von 45 DH (9,-) geht er nicht ein... Aber ich brauch sowieso keine Decke. Dafür habe ich mich nett eine Stunde (!) mit ihm unterhalten.
Abends wird in Aït Melloul wieder geschlemmt. Ich erwische eine Gräte zuviel, die mir noch zwei Tage lang Spaß machen wird. Steffi pflicht (oder wie das heißt) Aïsha wieder einen Zopf. Wir sollen zurückkommen, wann wir wollen, denn "comme votre maison": unser Haus ist euer Haus. Lieb.
Bunte Steine
23. Mai 1998
Aït Melloul - Tafraoute
Nach Verabschiedung und Tanken machen wir uns auf den Weg nach Tafraoute. Eine mühsam bergige, aber schöne Strecke. Ein wenig stören die LKW's, die auf eineinhalbspuriger Bergstraße ohne Leitplanke oder Randbegrenzung mit 80 Sachen entgegenkommen. Was solls, man (frau) muß halt schnell genug ausweichen, damit man (frau) nicht den 80 m tiefen Abhang hinunterstürzt. "Insh'Allah" (so Gott will), wie der Araber sagt...
In Tafraoute fahren wir erstmal durch den Ort durch, die Landschaft ist phänomenal. Bizarre, rundgeschliffene Felsformationen, Palmen und an die Berge geklebte Häuser. Im Schatten eines großen Felsens machen wir Rast.
Wieder im Ort angekommen, nehmen wir uns ein Zimmer im Hotel "Salama". Als wir unser Gepäck reinholen, haben wir plötzlich einen neuen "Freund" (zumindest begrüßt er mich mit "Hallo, mein Freund!"). Es gäbe doch hier ein viel billigeres Hotel. Und zufälligerweise läge das genau gegenüber von seinem Teppichladen ("Maison Berbère"). Sein Name würde sogar in unserem Reiseführer stehen. Ob wir denn zuerst die "Blauen Steine" (Sehenswürdigkeit) oder seinen Laden besichtigen wollten? Oder andersrum?
So geht das ab jetzt jedesmal, wenn wir das Hotel verlassen oder zurückkommen. Er versucht sogar, unser Auto auf der Straße zu stoppen. Nicht gerade unaufdringlich.
Abends ist Steffi zu müde, und so fahre ich alleine zu den "Blauen Felsen" - "Les Peintures". Die Piste ist schlecht, ich sehe den Auspuff des 205er schon im Staub liegen. Aber der hintere, neuere Teil der Piste wird besser; man muß nur einen weiten Bogen fahren, dann kommt man bis an die Felsen ran.
Die angemalten Felsen sind atemberaubend schön. In einem riesigen Talkessel liegen die großen, bunten Brocken wie hingestreut. Seltsame, pilzförmige Gestalten ragen blau in den ebenso gefärbten Himmel. Außer mir ist hier weit und breit kein Mensch zu sehen. Wahnsinn!
Auf dem Rückweg verfahre ich mich und lande mitten in einem Steinbruch. Weia! Aber zum Glück war das wohl der einzige Abzweig, der in die Irre führt. Also finde ich schließlich doch wieder zur Straße zurück.
Im "Etoile d'Agadir" gibt's an diesem Abend nur noch Fleisch, und so weichen wir ins "Restaurant Marrakech" aus. Gutes Essen: 2x Suppe, 2x Tajine vegetarisch, 2x Tee & 1L Wasser - zusammen 12 Mark !!!
24. Mai 1998
Tafraoute
Heute ist erstmal lange im Bett bleiben angesagt...
Nachmittags raffen wir uns dann auf, nochmal zu den blauen Felsen zu fahren. Wieder toll. Endlich mal ein gemeinsames Foto mittels Selbstauslöser.
Abends hat das "Etoile d'Agadir" wieder nix vegetarisches. Diesmal gehen wir ins "Hotel Tanger". Die Suppe ist nicht so gut, die "mittelgroße" Tajine aber kaum zu schaffen. Leider auch für meinen Magen nicht...
Im "Tanger" treffen wir aber noch Bea & Paul aus Köln, die im Hotel genau neben uns wohnen. Und so verbringen wir den Abend, wilde Stories erzählend, auf der Dachterrasse.
25. Mai 1998
Tafraoute
- Kein Kommentar -
Steffi fährt nach dem gemeinsamen Frühstück mit den Kölnern alleine ins "Tal der Ammeln" und besorgt mir auf dem Markt von Tafraoute etwas Schonkost. Mehr bekomme ich von dem Tag nicht mit...
Entspannung
26. Mai 1998
Tafraoute - Tiznit - Aglou - Sidi Ifni
Nach einem vorsichtigen Frühstück im "Hotel Tanger" besuchen wir noch Brahim im "Artisanat au coin". Mit leichten Gedächtnishilfen kann er sich an Nadia erinnern. Wir kaufen drei Ketten als Geschenke für unsere Gastgeberfamilie und machen uns durch das Ammelntal auf den Weg nach Tiznit. Die sehr holprige Straße ist für meinen Magen nicht das Beste, aber ich halte durch.
Tiznit scheint nicht so spannend, also weiter zum "Plage d'Aglou". Sieht schön aus, aber leider: Baden verboten. Zumindest direkt im Ort; angeblich gibt es auch Abschnitte, wo man baden kann.
Also zurück nach Tiznit und weiter nach Sidi Ifni, ins Hotel "Suerte Loca" ("verrücktes Glück") , welches uns die Kölner empfohlen hatten. Die dick gefüllten Gästebücher zeugen von zufriedenen Besuchern.
Wir scheinen fast die einzigen Gäste zu sein und bekommen ein wunderschönes Eckzimmmer (Nr. 12) mit Balkon für 155 DH (30,-). Sowohl vom Balkon als auch aus dem zweiten Fenster haben wir einen herrlichen Blick auf den Atlantik. Sein Rauschen macht mich ruhig, und ich fühle: URLAUB.
27. Mai 1998
Sidi Ifni
So nah am Atlantik zu wohnen, ist wundervoll. Sein Rauschen hat mich in den Schlaf gelullt und auch wieder aufgeweckt. Nach einem ausgiebigen Frühstück entscheiden wir, den Mietwagen noch zwei Tage länger zu behalten, um die Ruhe hier genießen zu können.
Nachmittags wandern wir den Strand Richtung Norden hinauf. Eine wunderschöne rote Steilküste und zahlreiche Muschelfunde erwarten uns. Die ganze Zeit werden wir in einigem Abstand von einem einheimischen Jugendlichen "begleitet". Naja, was soll's. Wir sind halt eine ebensolche Attraktion für ihn wie die Landschaft für uns. Auf dem Rückweg genießen wir abermals den Sonnenuntergang.
Die Gelegenheit für zwei einheimische Kinder und unseren "Begleiter", uns näher zu beschnuppern. Meine Behauptung, kein Französisch zu sprechen (wir kommen nämlich aus Rußland!), läßt uns Zeugen der Phantasie der Kinder beim Darstellen von Fischerei-, Eß- und Marktszenen werden. Herrlich. Sowohl wir als auch die Kinder lachen uns halbtot, und bald haben sie schon zu betteln vergessen...
28. Mai 1998
Sidi Ifni
Seit gestern abend habe ich höllische Rückenschmerzen. Zudem bin ich im Bad ohnmächtig geworden. Irgendetwas stimmt nicht so ganz...
Steffi verfrachtet mich Kraft Ausbildung zur Krankenschwester ins "Stufenbett", wo ich den Rest des Tages verbringe.
29. Mai 1998
Sidi Ifni
Rückenschmerzen unverändert. Ischias??? Die Traumal-Tropfen nehm ich aber lieber doch nicht...
Mittags fahre ich trotzdem mit in die Stadt, um Geld einzutauschen. Wir lernen zwei nette Marokkaner kennen, die sich zum Tee im Restaurant gegenüber der ehemaligen Startbahn des Flughafens einladen.
Der ehemalige Flughafen von Sidi Ifni ist immer noch in manchen Karten als int. Airport eingezeichnet. So soll es gekommen sein, daß 1990, etwa 20 Jahre nach Schließung des Flughafens, auf dessen grasüberwucherten Landebahn jetzt Kinder Fußball spielen und Frauen picknicken (hab ich selbst gesehen) doch noch unerwarteter Besuch kam: Eine amerikanische Transportmaschine, die in Ägypten gegen die Heuschreckenplage eingesetzt wurde, erlitt einen Motorschaden. Der nächste Flughafen laut Karte war Sidi Ifni. Dort angekommen war es zu spät zum Umkehren, und so brauste die Riesenmaschine mit einem Triebwerk 50 m über die Köpfe unserer teetrinkenden Freunde hinweg... Ob die sich dabei den Tee auf die Hose gekippt haben, ist leider nicht überliefert...
Familienleben
30. Mai 1998
Sidi Ifni - Aït Melloul - Taroudannt
Früh aufstehen war angesagt. Gegen 8 00 sitzen wir am Frühstückstisch. Aber: kein Brot mehr da! Unsere am Vortag gekauften Brote teilen wir uns mit den Belgiern vom Nachbartisch, die seit 2 Monaten in Marokko sind, um einen Dia-Vortrag zu erstellen. Dafür haben sie schon 4.000 (!) Fotos geschossen, von denen sie etwa 800 verwenden werden...
Gegen 9 30 können wir endlich fahren und kommen pünktlich in Agadir an, um den Mietwagen abzugeben. Wir handeln das Auto nochmal um 150 DH (30,-) runter (leider nicht pro Tag...) und werden noch nach Aït Melloul gekarrt. Wir verteilen noch ein paar Geschenke und fahren mit Aïsha, Zorah und Hicham nach Taroudannt zu Zorah's Familie.
Dort werden wir abermals herzlich aufgenommen und bekommen sogleich zwei Jacken geschenkt! Auf dem Souk kaufen wir anschließend eine Lampe, Schuhe, einen Dolch und wasweißichnochalles. Die Preise, die wir aushandeln, sind manchmal sogar Zorah und Hicham unheimlich...
Wir besuchen noch die Schneiderwerkstatt von Zorah's Vater; ein sehr netter Mann. Abends wird gegessen und gelacht, bis dann leider alle wieder in die Glotze schauen... Typisch für "moderne" marokkanische Familien.
31. Mai 1998
Taroudannt - Aït Melloul - Inezgane
Morgens geht's gleich wieder auf den Souk. Steffi kauft drei Steinfiguren für 250 DH (50,-) statt 700 DH (140,-) oder so....
Mein am Vorabend bestellter Silberring nach Muster von Steffi's Ring aus Mexico hat sich leider in Luft aufgelöst.
Nachdem wir noch ein Schaffell und eine Trommel geschenkt bekommen haben (!), fahren wir mit dem Mördertaxi zurück nach Aït Melloul und bekommen gleich noch ein Paar Topflappen geschenkt... AFRIKA!
Gegen 18 30 geht Steffi mit den Mädels in den Hammam. Morgen steht mir das bevor; Hicham hat mir eine "massage marocaine" versprochen...
1. Juni 1998
Aït Melloul - Agadir - Inezgane
Nach dem Frühstück fahren wir mit den Mädels nach Inezgane; das erste Mal mit dem Bus. Für 50 Pfennige. Die Mädels sind auf dem Souk der Hingucker. Steffi ersteht eine güldene "Fatima-Hand" als Anhänger und wir kaufen noch zwei Liter Arganienöl.
Nach unserer Rückkehr gehe ich mit Hicham in den Hammam; Steffi versucht in Agadir einen Rock für Tante Henya zu erstehen. Aber leider ist der Souk dort Montags zu, und in Inezgane gibt's nur Mist.
Der Hammam ist, abgesehen von der Kakerlake, die ein Besucher mit dem Zeh in Richtung Ausgang schnippst, sehr sauber. Drei Räume mit unterschiedlichen Temperaturen (ich schätze 50°, 60° und 70°). Nach umständlichen Vorbereitungen schrubbt mich Hicham am ganzen Körper mit einem rauhen Handschuh ab und kippt mir mindestens 400 L Wasser über die Rübe! Klasse. Leider bin ich hinterher nur noch halb so braun...
Gegen Abend machen wir uns auf den Weg, die "Henna"-Frau abzuholen, die Steffi bemalen soll. Auf dem Weg wird Zorah von einem betrunkenen Mopedfahrer angegrapscht und beleidigt. Naja, was hat sie auch außerhalb des Hauses verloren?!? Die folgenden Szenen sind wohl typisch arabisch: Hicham will dem Typ an den Kragen, aber Zorah will das alleine erledigen und kratzt dem Typ fast die Augen aus, um ihre Ehre wiederherzustellen. Afrika.
Nach dem Abendessen (Spaghetti marocaine, mit Zimt !) geht's ans Henna-Malen. Drei Stunden! Nicht nur die Beine bis zum Oberschenkel, sondern auch einen Arm... Frauen!
Irgendwann verschwinde ich ins Bett. Die Mädels kichern sich noch zwei Stunden einen ab, weil Aïsha Steffi's Turn-Übungs-Anweisungen etwas mißversteht.
Kulturschock II
2. Juni 1998
Aït Melloul - Agadir - Düsseldorf
Die Verabschiedung fällt wie erwartet schwer und sehr herzlich aus. Aïsha und Zorah fahren noch mit zum Flughafen. Beim Abschied fließen die Tränen reichlich. Auch ich werde diese lieben Menschen wohl sehr vermissen...
...achja... wenn wir gut gelandet sind, sollen wir natürlich unsere arabische Mama anrufen...
2. Juni 1998
Düsseldorf - Essen - Duisburg
In Düsseldorf gelandet holt uns meine Schwester ab.
Alles ist so komisch sauber; alles funktioniert. Der Zollbeamte verzieht keine Miene bei meinem Witz. Vor drei Stunden hab ich mich noch mit seinem marokkanischen Kollegen kaputtgelacht. Dabei sprach der nur Französisch.
Keiner will unser Gepäck tragen, dafür kostet der Karren schon 2 Mark. Dafür kann ich in Agadir 7 kg Orangen kaufen...
Die Autos halten an, wenn man am Zebrastreifen steht; keine Hupen sind zu hören. Statt frisch gepreßtem O-Saft an jeder Ecke gibt's Cola-Automaten. Die Straßen sind geteert und es existieren überall Bürgersteige und Straßenlaternen. Und Autobahnen. Die Autos haben zu 95% keine Beulen statt umgekehrt. Beim Bezahlen am Parkautomaten erklingt ein fröhliches "He! Da können Sie aber nicht stehenbleiben".
Bei meinen Eltern sieht es aus, als ob man vom Boden essen könnte; die Toilette glänzt, und das Wasser rauscht aus der Leitung, als ob es das Waschbecken fortschwemmen wolle. Verkehrte Welt...
Epilog
Unsere Reise nach Marokko hat mich außerordentlich beeindruckt.
Die Erfahrungen, die ich dort machen durfte und die vielfältigen Eindrücke haben mich sehr bereichert.
Meine Ängste und Vorbehalte gegen ein so fremdes Land und gegen die gewählte Reiseform mit all ihren Problemen und Unwägbarkeiten haben sich nach ein paar Tagen vor Ort in Luft aufgelöst. Noch nie habe ich in meinen bisherigen Urlauben so viel von einem Land gesehen und so viel von einer fremden Kultur verstanden.
Sehr dazu beigetragen hat natürlich der Kontakt zu unserer Gastgeberfamilie, der ich für ihre gastfreundliche, ja liebevolle Aufnahme nicht genug danken kann.
Aber auch fast alle anderen Menschen, denen wir in Marokko begegnet sind, waren ausgesprochen gastfreundlich und aufgeschlossen; wir mußten nur unsere Vorbehalte über Bord werfen und hinter der Geschäftstüchtigkeit der Menschen dort ihr wahres Gesicht erkennen.
Dies ist jedoch meiner Ansicht nach nur möglich, wenn man sich genügend Zeit nimmt, und nicht, wenn man als Agadir-PauschaltouristIn lediglich (insbesondere organisierte) Tagesausflüge unternimmt.
Wer jedoch die Pauschalreiseform für dieses Land unbedingt wählen will (wovon ich persönlich nur abraten kann), dem/der sei ans Herz gelegt, Ausflüge mit dem Mietwagen und einem guten Reiseführer auf eigene Faust und über ein paar Tage zu unternehmen.
Erst dann wird sich ihm/ihr die Schönheit des Landes und der Kultur wirklich offenbaren.
Insh'Allah
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und
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Om Namaha Shivaya,
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Piet
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Stephanie
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Version 1.0, zuletzt geändert am 17.07.1998 von
Piet2@hotmail.com
(Homepage).
Original-URL:
https://members.tripod.com/~Piet2/marokko/index.htm
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